PUSH-Preis 2010 für Anna-Maria Meyer

Eine der diesj?hrigen drei Preistr?gerinnen für die besten Abschlu?arbeiten weiblicher Studierender ist Anna-Maria Meyer, seit kurzem wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Slavische Sprachwissenschaft. Eine Jury w?hlte die Abschlu?arbeit unter vielen Bewerbungen aus. Die Preisvergabe erfolgt am 1. Dezember 2010. Der Lehrstuhl gratuliert sehr herzlich!

 

Und das schreibt die Verfasserin über ihre Arbeit:

A niech to wszyscy diabli! - Grammatik, Semantik und Pragmatik des Fluchens und Verfluchens im modernen Polnischen

Am Anfang der Magisterarbeit steht ein Rechtfertigungsversuch: Wie kommt man dazu, sich mit der oft als ?schmutzig“ angesehenen Seite der Sprache zu besch?ftigen? Ist ein solches Thema einer wissenschaftlichen Analyse überhaupt würdig, oder hatte die sowjetische Linguistik nicht v?llig Recht damit, dass sie solche ?Randerscheinungen“ der Sprache in ihrer Forschung au?en vor lie?? Nein, dem ist sicher nicht so: Flüche sind viel mehr als nur eine Randerscheinung der (im vorliegenden Fall polnischen) Sprache und bei Weitem nicht so grundlegend verwerflich, wie manch einer glauben mag. Sie stellen linguistisch wie kulturell ein ungeheuer spannendes Forschungsgebiet dar, das bei n?herer Besch?ftigung noch viele interessante Fragen unbeantwortet l?sst.

Was die theoretische Grundlage betrifft, baut die Arbeit auf der Sprechakttheorie auf, einem Teilbereich der Pragmatik, wo Sprecher und Situationskontext im Mittelpunkt stehen. Dies bietet eine gute Grundlage, um so emotionale und spontane ?u?erungen wie Flüche und Verfluchungen zu verstehen. Wichtig ist die Unterteilung des gro?en Feldes ?Fluchen“ in drei Bereiche: erstens das magische Verfluchen, wie es sich in vielen Volkstraditionen finden l?sst – solche Verfluchungen finden sich im rein gegenwartssprachlichen Korpus nicht –, zweitens das profane Verfluchen, dem kein Glaube mehr zugrunde liegt, das sich aber trotzdem auf einen H?rer bezieht (z.B. ?Fahr zur H?lle!“), und schlie?lich das profane Fluchen, das lediglich dem monologischen Ausdruck von Emotionen dient (z.B. ?Verdammt!“). Flüche dürfen übrigens, was landl?ufig oft geschieht, auf keinen Fall mit Vulgarismen gleichgesetzt werden, denn bei Weitem nicht alle Flüche sind vulg?r oder anst??ig – man vergleiche nur im Deutschen ?Mist!“ und ?Schei?e!“.

Im zweiten, empirischen Teil der Arbeit werden zun?chst die einschl?gigen polnischen Sprechaktverben und natürlich vor allem die Flüche und Verfluchungen selbst untersucht. Die über 1000 Beispiels?tze, aus denen sich das Korpus zusammensetzt, stammen vor allem aus Werken der polnischen Gegenwartsliteratur, deren Sprache dem im Alltag gesprochenen Polnisch sehr nahe kommt.

Das Hauptmerkmal der Verfluchungen ist ihr Bezug auf einen H?rer sowie ihr Wunschsatzcharakter (z.B. Bodajby ci? diabe? porwa?! ?Soll dich der Teufel holen!’). Die Formeln k?nnen vollst?ndigen Satzcharakter haben oder nur noch den Rest eines Satzes darstellen (z.B. ?eby ci?!, w?rtl. ?Soll’s dich!’). Inhaltlich steht an erster Stelle der Bereich Krankheit, Tod und allgemeines ?bel, gefolgt von dem Wunsch, jemanden zum Teufel oder in die H?lle zu schicken. Hier zeigt sich die Verwandtschaft zu den magischen Verflu